Sowohl-als-auch

Monatsgedanken März 2006, von Georg Schmertzing

Es gibt im Leben eines jeden Menschen einen Moment, in dem sich sein Weltbild verändert. Es ist wie ein innerer Blitz der Erleuchtung. Auf einmal ist alles anders. Ganz neu. Bei mir war es die Erkenntnis, die mich, in einem Buch über Quantenphysik lesend, überraschte und von der jetzt schon viele Menschen zumindest gehört haben, nämlich, dass das Licht sowohl als Materie-Partikel, als auch als materielose Welle auftreten kann. Beides ist dasselbe Licht!

Das war für die Physiker denkunmöglich. Mich freute ihre schockartige Überraschung, denn die geltende Entweder-Oder-Denkweise schien mir schon immer entwicklungshemmend zu sein: Entweder Materie oder Schwingung; entweder gut oder böse; entweder Himmel oder Hölle, Freund oder Feind. Das sind lauter Trennungsbegriffe, die mir dazu formuliert erscheinen, die Welt durch Zerteilung zu kontrollieren. Bei diesen Entweder-Oder-Vorgaben kennt man sich aus und kann beruhigt seine Vorurteile pflegen bis in alle Ewigkeit. Auch oder gerade weil sie nie ganz Wirklichkeit werden. Seitdem sehe ich diese Erde als integrierenden Brutkasten des Neuen. Es entsteht so aus den Gegensätzen, die sich zwar abstoßen und doch zusammengehören. So, wie die gleiche Sonne auf Weizen und Unkraut, Heilige und Sünder scheint. Ja, ich möchte sogar behaupten, die Heiligen werden durch die Sünder erst zu denen, die sie sind. Die paradoxen Geheimnisse sind sowohl logisch als auch überlogisch. Zen zeigt es uns in seinen Koans vor. Johannes von Kreutz, der Mystiker und Kirchenlehrer sagt es so: „So wie du bei etwas verweilst, eroberst du nimmer das Ganze.“

Ich wäre nicht der, der ich bin, wenn ich nicht herausgefunden hätte, dass der Kopf in Entweder-Oder-Mustern denkt und das Herz integrale Sowohl-als-auch-Lösungen findet. Und die brauchen wir heute dringender denn je.

Autor:
Herr Georg Schmertzing
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