Radiästhesie und Naturwissenschaft
Robert A. Herzner beschäftigt sich von Jugend an mit esoterischen
Psychotechniken, völkerkundlichen und religiösen Themen. Seine
Beiträge und Artikel zu diesen Themen werden im gesamtdeutschen Sprachraum
veröffentlicht.
http://www.vabene.at/collect/erkenntn/097_3.htm
Problem der Zusammenarbeit, Statistik, Materialbeistellung und Forschungsgebiete
Die modernen Naturwissenschaften berufen sich in ihrem Anspruch auf objektive
Erkenntnisfähigkeit in erster Linie auf die Verifizierbarkeit bzw. Falsifizierbarkeit
ihrer Versuchsergebnisse. Auf gut deutsch: Jeder wissenschaftliche Versuch
muß so exakt durchgeführt und, bei Veröffentlichung, so genau
beschrieben werden, daß andere Forscher ihn nachvollziehen und so die
Ergebnisse bestätigen oder verwerfen können.
Diese Möglichkeit der Kontrolle und damit der „Objektivierbarkeit“ von
Versuchsergebnissen ist die Voraussetzung naturwissenschaftlicher Anerkennung
als „Wahrheit“. Und sie ist besonders notwendig, seit sich herausgestellt
hat, daß der Experimentator (Forscher) immer sozusagen ein Bestandteil
des Experiments (der Versuchsanordnung) ist, also gar nicht vollkommen objektiv
sein kann! Mehrere Arbeiten verschiedener Forscherpersönlichkeiten bedeuten
für den gesamten naturwissenschaftlichen Erkenntnisschatz daher etwa
dasselbe wie mehrere unabhängige Versuchsreihen für den einzelnen
Forscher.
Voraussetzungen für den Nachvollzug eines naturwissenschaftlichen Versuches
sind allerdings
a) die notwendigen Fachkenntnisse und
b) die notwendigen Instrumente (Apparate) und Materialien.
Im interdisziplinären Gespräch zwischen Radiästheten und Naturwissenschaftlern
mangelt es fast immer an einer, oft an beiden Voraussetzungen. Es wäre
nicht zielführend, die Schuld an diesem Mangel einer Seite alleine anzulasten:
Denn zu jeder Verständigung bedarf es einer gemeinsamen Sprache, die – wie
der psychologisch geschulte aufmerksame Beobachter feststellen kann – im
vorliegenden Fall nicht gegeben ist!
Der Mensch als Instrument
Die Quelle vieler Missverständnisse liegt zuerst einmal im Verständnis
und Selbstverständnis dessen, was man heute als „Radiästhesie“ bezeichnet – beziehungsweise
in der weit verbreiteten Annahme, daß (Wünschel-) Rute oder Pendel
oder vergleichbar verwendete Gegenstände „Instrumente“ seien,
die der Radiästhet in gleicher Weise verwendet wie der Naturwissenschaftler
seine Mikroskope, Thermometer, Oszillographen usw.
Es ist soziologisch und psychologisch nur verständlich, daß im
Zeitalter der Technik und Naturwissenschaft jeder diesem großen, gesellschaftlich
voll anerkannten Vorbild nacheifert, sich dessen Denkweise aneignet, dessen
Fachsprache nachahmt und sich derselben Methoden bedienen möchte. Sogar
Theologie und Philosophie zeigen heute solche Tendenzen – ob zu ihrem
Vorteil, wird die Zukunft weisen.
Als die in einem ganz anderen Bereich angesiedelten „geheimen Künste“ der
Wünschelrutengehens und Pendelns in diesem Jahrhundert an die Öffentlichkeit
traten, warfen sie sich sogleich das Mäntelchen der „Wissenschaftlichkeit“ über,
um in einer restlos wissenschaftsgläubigen Zeit überhaupt Gehör
zu finden.
Wie sagt Altmeister Abbé Mermet:
„
Im Altertum, im Mittelalter kannte man den Gebrauch des Pendelns und der
Wünschelrute. Aber die Pendelwissenschaft – die Radiästhesie,
ist ein Kind der jüngsten Zeit. Erst mit der Jahrhundertwende begannen
jene systematischen Forschungen und Versuche, die das Pendeln aus dem Bereich
der Liebhaberei oder gar der Spielerei – vom Okkultismus ganz zu schweigen – in
den der Wissenschaft führen sollten.“
Gerade diese Auffassung steht bis heute als unüberwindliche Schranke
zwischen Radiästheten und Naturwissenschaftlern! Denn der „Fühlige“ (Pendler
oder Rutengeher) verfügt über keinerlei Instrument – er ist
das Instrument! Deshalb kann Naturwissenschaft nur den Pendler anerkennen
(nicht das Pendel), nur den Rutengeher testen (nicht die Rute) und nur die „Fühligkeit“ erforschen
(nicht das Gefühlte direkt)!
Radiästhesie ist also (noch) keine Wissenschaft. Und wenn sie einmal
eine werden sollte, so wird sie sich weitgehend auf Erfahrungswerte stützen
und dazu mit lebenden Objekten arbeiten, die sich einer Normung weitgehend
entziehen – wie dies in der Biologie, Psychologie und Parapsychologie
der Fall ist.
Niemals aber kann die Radiästhesie eine „exakte“ Naturwissenschaft
werden wie Physik oder Chemie – auch wenn sich die radiästhetische
Fachsprache in eher irreführender Weise stark an jene der Physiker anlehnt.
Würden das die „Fühligen“ und die „Forscher“ (in
den eigenen Reihen und bei den Fachwissenschaften) zur Kenntnis nehmen, würden
sie endlich, nach fast hundert Jahren des Missverstehens, eine gemeinsame
Sprache sprechen. Und Naturwissenschaftler würden nicht mehr gezwungen,
die Ruten- und Pendelphänomene zu leugnen, um ihr (notwendiges) wissenschaftliches
Weltbild aufrechtzuerhalten.
Tote und lebendige Instrumente
Wenn man nun die „Fühligkeit“ als eigentliches Forschungsobjekt
der Naturwissenschaften anerkennt, so besteht doch weiterhin für den
Naturwissenschaftler das Problem, auch das „Gefühlte“ irgendwie
in das naturwissenschaftliche Weltbild einzugliedern – eine zweite
Quelle von Missverständnissen. Denn gefühlt oder gemutet kann werden
(ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Physikalisches (z.B. magnetische und elektrische Felder nach Stärke
und Art, vor allem deren Zustandsänderungen)
Paraphysikalisches (z.B. die vielzitierten „Erdstrahlen“, die
mit physikalischen Methoden nicht meß- bzw. erfassbar sind)
Psychologisches und Biologisches (z.B. Stimmungen, Krankheiten, Schwangerschaft)
Parapsychologisches (z.B. Spukerscheinungen)
Dass diese, oft nicht einmal scharf trennbare, Vielfalt bei den Fachwissenschaftlern
Verwirrung und Misstrauen hervorrufen muß, ist verständlich – solange
statt der radiästhetischen Fühligkeit selbst, die Theorien der
Radiästheten der Wissenschaft als Forschungsobjekt angeboten werden.
Dabei gibt es in der Praxis der Radiästheten und der Naturwissenschaftlern – scheinbar – bereits
einige Annäherungen. So das Bestreben vieler Radiästheten, sich
ebenfalls unlebendige (mechanische, physikalische, chemische) Instrumente
und Messgeräte zu bauen; um Mutungen zu überprüfen, sie gegenüber
den Naturwissenschaftlern zu „objektivieren“ (messbar zu machen)
oder einfach, um die eigenen radiästhetischen Fähigkeiten zu erweitern.
Umgekehrt setzt die moderne Naturwissenschaft bereits oft lebendige „Instrumente“ als
Indikatoren ein; weil sie erkannt hat, daß die lebende Zelle wesentlich
feinere und differenzierte Informationen verarbeiten kann als tote Materie:
Einzeller, Pflanzen, Tiere und separierte Gewebeteile haben uns wissenschaftliche
Erkenntnisse vermittelt, die allein mittels physikalischer und chemischer
Methoden entweder nicht oder nur viel aufwendiger erforschbar gewesen wären.
Trotz dieser Bereitschaft, die selbst gesetzten Grenzen zu überschreiten
und damit die Methodik des anderen anzuwenden, kommt es in der Regel noch
immer zu keiner fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Naturwissenschaft und
Radiästhesie.
Es gilt also offenbar, neben der gemeinsamen wissenschaftlichen „Sprache“ auch
eine gemeinsame wissenschaftliche Arbeitsmethode zu finden, welche die beiden
ziemlich gegensätzlichen Denkmodelle nicht in Frage stellt.
Statistik als Brücke
Die Naturwissenschaften haben eine solche Methode entwickelt, nicht Messbares
doch messbar zu machen: Die Einzelbeobachtungen werden nicht so sehr bewertet
als einfach gezählt und durch den „objektivierenden“ Filter
mathematischer Gesetzmäßigkeiten betrachtet. Solcherart wird auch
das Unmögliche möglich und das Unwissenschaftliche wissenschaftlich.
Die Statistik ist gewissermaßen eine Raumkapsel für den beobachtenden
Naturwissenschaftler, wenn er sich in den für ihn luftleeren Raum alogischer
und nicht meßbarer Tatsachen begibt – übrigens ein bewährter
Trick der Parapsychologie.
Die Brauchbarkeit der Statistik als Brücke zwischen Wägbarem (Messbarem)
und Unwägbarem (Maßlosem) hat sich schon in Biologie, Psychologie
und Soziologie erwiesen. Via Statistik wäre sicher auch eine ziemlich
problemlose Zusammenarbeit zwischen freien und angewandten Naturwissenschaften
(Medizin, Biologie, Land- und Forstwirtschaft, Bauwesen usw.) und der Radiästhesie
möglich.
Es gilt einfach, die Angaben der Radiästheten zu gewissen Problemkreisen
möglichst zahlreich zu erfassen und anschließend statistisch auszuwerten.
Damit kommt es zu einer säuberlichen Trennung der beiden Bereiche und
trotzdem zu einer Vergleichbarkeit der Ergebnisse.
In primitiver Form liegt eine statistische Bearbeitung radiästhetischer
Mutungen ja in der Praxis der Brunnenbauer vor: Die statistisch signifikante
Treffsicherheit der „Wassersucher“ macht deren Einsatz einfach
kaufmännisch rentabel. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist der Nutzwasserbrunnen
auf dem Kodak-Werks Gelände in Wien-Weidlingau.
Normung „radiästhetischer“ Aussagen
Obwohl Rutengänger, Pendler und andere Fühlende meist nur eine
begrenzte Anzahl von Aussagen machen können (nach dem Prinzip „ja – weiß nicht – nein“ oder „gut – neutral – schlecht“ oder „Aufstieg – Stillstand – Abstieg“ und
dazu gewisse Mengenangaben), gibt es doch eine für den Außenstehenden
verwirrende Fülle verschiedenartigster Bewertungen und Einteilungen.
Es soll hier nicht der Wahrheitsgehalt dieser Angaben diskutiert werden – aber
sie verhindern die für jede statistische Arbeit notwendige Erfassung
einer großen Anzahl vergleichbarer Daten.
Im Interesse einer Zusammenarbeit zwischen Radiästhesie und Naturwissenschaften
ist es also erforderlich, von jeder Erklärung der beobachteten Phänomene
vorerst abzusehen und einfach die beobachteten Tatsachen zu beschreiben.
Und dies mittels Bezeichnungen, die nicht durch Entlehnung aus fremden Fachsprachen
Verwirrung stiften, weil sie eine Erklärung des Phänomens vorwegnehmen;
eine Erklärung übrigens, die vom Fachwissenschaftler nicht akzeptiert
werden kann.
In Wirklichkeit haben wir es zwar nicht mit Polaritäten (Gegensatzpaaren)
zu tun; dies ist bloß die Art, in der sich die Kräfte dem menschlichen
Verständnis offenbaren: eine Programmierung unseres Denkapparates, ein „Weltbild“.
Für die Zusammenarbeit mit Naturwissenschaftlern ist das polare (dialektische)
Denken aber gut geeignet und für den praktisch arbeitenden Radiästheten
eine Hilfe, aus einer verwirrenden Vielfalt von Beschreibungen und Theorien
das gemeinsame Grundsätzliche herauszufinden.